Desinformation auf Telegram

Aus Wikikama

Desinformation auf Telegram – Fakes in geschlossenen Kanälen

Einführung: Telegram gilt vielen als „sicherer Hafen“ für freie Meinungsäußerung – doch genau diese Offenheit macht die Plattform anfällig für Desinformation. In öffentlichen und privaten Gruppen verbreiten sich Fake News, Verschwörungserzählungen oder Hetze oft ungehindert weiter – ohne Moderation oder Faktenchecks. Besonders in Krisenzeiten (z. B. Pandemie, Krieg, Wahlkampf) fungiert Telegram als zentrale Drehscheibe für Falschmeldungen. Die Herausforderung: Inhalte verbreiten sich dort schnell, sind schwer nachvollziehbar und erreichen gezielt misstrauische oder radikalisierte Zielgruppen.

Merkmale / Typische Formen

  • Große, unregulierte Gruppen: Telegram erlaubt Gruppen mit Tausenden Teilnehmer:innen – oft ohne Kontrolle oder Widerspruch.
  • Einseitige Informationsblasen: Nutzer:innen konsumieren nur Inhalte, die ihre Meinung bestätigen – alternative Sichtweisen werden ausgeblendet oder blockiert.
  • Verbreitung über Sharepics, Sprachnachrichten oder Videos: Emotional aufgeladene Inhalte lassen sich schnell konsumieren – und schwer überprüfen.
  • Kanäle mit „Expertenstatus“: Einzelpersonen oder Gruppen inszenieren sich als Wahrheitssprecher:innen – obwohl sie gezielt Desinformation verbreiten.
  • Inhalte wandern in andere Netzwerke: Was auf Telegram entsteht, gelangt oft weiter zu WhatsApp, Facebook oder TikTok.

Beispiele aus der Praxis

  • Corona-Pandemie: Telegram war eine Hauptplattform für Impf-Fakes, angebliche Nebenwirkungen oder verschwörungsideologische Narrative wie „Plandemie“.
  • Ukraine-Krieg: Pro-russische Kanäle verbreiten gezielt falsche Informationen über militärische Entwicklungen oder politische Entscheidungen.
  • „Informationskanäle“ mit zweifelhaftem Inhalt: Einige Influencer:innen oder selbsternannte Journalist:innen verbreiten dort Verschwörungstheorien unter dem Deckmantel der Aufklärung.

Folgen / Auswirkungen

  • Radikalisierung: Telegram ist ein Rückzugsort für Gruppen, die sich von offiziellen Medien abwenden und in extremistische Narrative abgleiten.
  • Verlust öffentlicher Diskursfähigkeit: Diskussionen werden zunehmend in geschlossenen Räumen geführt – fernab von überprüfbaren Informationen.
  • Verbreitung illegaler Inhalte: Neben Desinformation finden sich dort auch Aufrufe zur Gewalt, Holocaustleugnung oder andere strafbare Inhalte.
  • Vertrauensverlust in Institutionen: Telegram-Inhalte zielen oft direkt auf Wissenschaft, Medien oder Politik – mit langfristigen Folgen für die Demokratie.

Schutz & Empfehlungen

  • Telegram kritisch nutzen: Nicht jeder Kanal ist seriös – Quellen prüfen, Impressum suchen, Inhalte hinterfragen.
  • Faktencheck außerhalb durchführen: Behauptungen über Google, Mimikama, Correctiv oder dpa überprüfen – Telegram selbst bietet keine Kontrolle.
  • Plattformen melden: Strafbare Inhalte können auch auf Telegram angezeigt werden – z. B. über die Bundesnetzagentur oder über offizielle Stellen.
  • Aufklärung fördern: Medienkompetenz-Trainings und Aufklärung über Telegram-Strukturen helfen gerade jüngeren Nutzer:innen, Desinformation zu erkennen.

Häufige Irrtümer / Missverständnisse

  • „Telegram ist komplett anonym und sicher“: Auch auf Telegram können IP-Adressen oder Telefonnummern zurückverfolgt werden.
  • „Was dort steht, trauen sich andere nicht zu sagen“: Viele Inhalte auf Telegram sind falsch, emotionalisiert oder bewusst irreführend – „Anderssein“ ist kein Wahrheitsbeweis.
  • „Nur Extremisten nutzen Telegram so“: Auch ganz normale Nutzer:innen können unbeabsichtigt Fakes weiterverbreiten – Medienkritik ist gesund, aber braucht Fakten.

Weiterführende Links

Weitere Artikel bei Mimikama zu Desinformation auf Telegram