Agenda-Setting
Agenda-Setting – Meinungslenkung durch mediale Schwerpunktsetzung im digitalen Raum
Agenda-Setting bezeichnet die gezielte Einflussnahme auf die öffentliche Wahrnehmung, indem bestimmten Themen, Ereignissen oder Personen besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt wird – während andere ausgeblendet oder relativiert werden. In digitalen Medien, sozialen Netzwerken und durch Plattform-Algorithmen wird diese Strategie intensiv genutzt, um Desinformation, politische Narrative oder ideologische Inhalte zu verbreiten. Wer die Themen bestimmt, prägt auch, was Menschen für wichtig halten – unabhängig von objektiver Relevanz. YouTuber, Influencer:innen, Nachrichtenportale, Bots und Lobbyismus-Akteure setzen Agenda-Setting gezielt ein, um Meinungen zu formen, Wahlwerbung zu steuern oder Stereotypisierung zu verstärken.
Merkmale / Typische Formen
- Überproportionale Berichterstattung zu bestimmten Themen, während andere ignoriert werden
- Wiederholung von Begriffen, Schlagzeilen oder Narrativen in verschiedenen Kanälen
- Emotionalisierung oder Dramatisierung, um Themen ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken
Beispiel: Während ein Gesetz zu Digitalüberwachung verabschiedet wird, dominieren zeitgleich Posts über ein „Genderverbot an Schulen“ die Feeds – obwohl letzteres auf Fake News basiert. Die mediale Aufmerksamkeit lenkt vom eigentlichen Thema ab.
Beispiele aus der Praxis
- Telegram-Kanäle fokussieren sich tagelang auf Einzelfälle mit migrantischen Tätern – verbunden mit Desinformation über Zuwanderung.
- YouTube-Trends listen regelmäßig reißerische Videos zu „Systemversagen“, während fundierte Analysen kaum Sichtbarkeit erhalten.
- Auf Twitter setzen Troll-Netzwerke gezielt Hashtags wie #Regierungsluegt, um den Diskurs zu dominieren.
- Instagram-Influencer:innen posten scheinbar unpolitische Beiträge, in denen aber wiederholt Narrative über „verlorene Traditionen“ auftauchen.
- Nachrichtenportale bringen täglich neue Artikel zu einem bestimmten Thema – unabhängig von Nachrichtenwert oder Faktenlage.
Folgen / Auswirkungen
- Vertrauensverlust in Medien durch gefühlte Einseitigkeit oder Verzerrung
- Manipulation der öffentlichen Meinung durch wiederholte Themenplatzierung
- Verbreitung von Fake News durch Konzentration auf emotionalisierte Inhalte
- Polarisierung der Gesellschaft durch selektive Informationsverfügbarkeit
Schutz & Empfehlungen
- Themenvielfalt im eigenen Medienkonsum gezielt fördern – nicht nur auf Social Media verlassen
- Quelle und Häufigkeit prüfen: Warum wird genau dieses Thema gerade so betont?
- Mimikama und Medienwatchblogs nutzen, um Agenda-Strategien zu durchschauen
- Medienkompetenz ausbauen: Was wird gesagt – und was nicht?
- Informationsquellen vergleichen – auch über Sprach- oder Ländergrenzen hinweg
Häufige Irrtümer / Missverständnisse
- „Wenn alle darüber reden, muss es wichtig sein“ – Nicht unbedingt: Themenpräsenz entsteht oft künstlich.
- „Die Medien lenken uns bewusst ab“ – Teilweise ja, aber oft spielen auch Algorithmen oder Nutzerinteressen eine Rolle.
- „Ich bin unabhängig informiert“ – Auch persönliche Feeds sind durch Agenda-Setting geprägt.
Weiterführende Links
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