Sharenting
Digitale Kindheit unter Beobachtung – Risiken durch übermäßiges Teilen von Kinderfotos
Unter dem Begriff Sharenting versteht man das Verhalten von Eltern oder Erziehungsberechtigten, regelmäßig Inhalte über ihre Kinder in sozialen Netzwerken zu veröffentlichen. Dies umfasst Fotos, Videos oder persönliche Geschichten – oft schon ab dem Säuglingsalter. Sharenting ist relevant, weil es Fragen zum Datenschutz, zur Privatsphäre und zur digitalen Identitätsbildung von Kindern aufwirft. Es kann unbeabsichtigt zur Verbreitung sensibler Informationen führen und von Dritten für Betrug, Cybermobbing oder sogar Identitätsdiebstahl missbraucht werden. Auch wird diskutiert, inwiefern Kinderrechte durch öffentliches Teilen ihrer Lebensrealität beeinträchtigt werden.
Merkmale / Typische Formen
- Häufiges Posten von Fotos und Videos der Kinder auf Facebook, Instagram oder TikTok
- Teilen intimer, emotionaler oder peinlicher Momente (z. B. Wutanfälle, Arztbesuche)
- Nutzung von Kinderbildern für Influencer-Zwecke („Family-Influencer“)
- Veröffentlichung personenbezogener Informationen (Name, Geburtsdatum, Schule)
- Aufbau digitaler Identitäten für Kinder ohne deren Einwilligung
Psychologische Mechanismen
- Suche nach Anerkennung und Bestätigung („Likes“ und Kommentare)
- Wahrnehmung des Kindes als Teil der eigenen digitalen Selbstinszenierung
- Unterschätzung der langfristigen Auswirkungen auf das Kind
Beispiele aus der Praxis
- Eine Mutter teilt regelmäßig Fotos ihres Kindes beim Frühstück auf Instagram, inklusive Standortdaten – ohne zu bemerken, dass diese Informationen öffentlich zugänglich sind.
- Ein viraler TikTok-Clip zeigt ein weinendes Kleinkind nach einem Sturz. Die Kommentare reichen von Mitgefühl bis zu Spott.
- In WhatsApp-Familiengruppen kursieren peinliche Videos von Kindern, die ungewollt in andere Chats weitergeleitet werden.
- Eltern nutzen die Geburtstagsfotos ihres Kindes für einen öffentlichen Aufruf mit vollständigem Namen und Alter – ein gefundenes Fressen für Phishing-Versuche.
- Auf YouTube betreibt eine Familie einen Vlog mit täglichen Updates über den Alltag der Kinder – inklusive Streit, Krankheit oder Toilettentraining.
Folgen / Auswirkungen
- Verletzung der Privatsphäre und Persönlichkeitsrechte von Kindern
- Digitale Fußabdrücke, die noch im Erwachsenenalter auffindbar sind
- Möglicher Identitätsdiebstahl durch öffentlich zugängliche Informationen
- Mobbingpotenzial durch peinliche Inhalte
- Vertrauensverlust zwischen Kindern und Eltern im Jugendalter
Schutz & Empfehlungen
- Vor dem Posten immer überlegen: Würde ich das auch über einen Erwachsenen teilen?
- Kinderfotos nur im privaten Umfeld und ohne erkennbare Merkmale teilen
- Standortdaten und Meta-Informationen aus Bildern entfernen
- Quellen prüfen und keine Inhalte von anderen Kindern ungefragt weiterverbreiten
- Faktenchecks durch Portale wie Mimikama oder andere Faktenchecker nutzen, wenn fragwürdige Inhalte über Kinder kursieren
Häufige Irrtümer / Missverständnisse
- „Ich habe das Bild ja nur mit Freunden geteilt.“ – Inhalte lassen sich leicht kopieren oder weiterschicken.
- „Mein Kind ist noch zu klein, um sich daran zu stören.“ – Die Auswirkungen zeigen sich oft erst später, etwa im Teenageralter.