Selbststigmatisierung
Selbststigmatisierung – Wenn Vorurteile zur inneren Belastung werden
Selbststigmatisierung bedeutet, dass Menschen negative gesellschaftliche Vorurteile oder Stigmatisierung verinnerlichen – und anfangen, sich selbst abzuwerten oder zu schämen. Sie übernehmen dabei unfreiwillig die Sichtweise, die andere auf sie projizieren.
Typisch ist dies bei Menschen mit psychischen Erkrankungen, Migrationshintergrund, nicht-binärer Geschlechtsidentität oder Behinderung. Wenn das soziale Umfeld oder die Medien einseitig negativ berichten, kann das Selbstbild leiden – oft mit schwerwiegenden Folgen für das Wohlbefinden.
Gerade im Netz begegnen Betroffene ständig stigmatisierenden Inhalten – etwa in Form von Memes, Kommentaren oder Desinformation. Das verstärkt den inneren Druck und erschwert Offenheit, Austausch und Selbstakzeptanz.
Merkmale / Typische Formen
- Gefühl, „nicht richtig“ oder „weniger wert“ zu sein
- Vermeidung von Situationen, in denen die eigene Identität sichtbar wird (z. B. kein Outing, Schweigen über Erkrankung)
- Selbstzweifel, Scham, Schuldgefühle – ohne realen Anlass
- Übernahme diskriminierender Sprache oder Denkmuster („Ich bin halt anders“, „Ich bin nicht belastbar“)
Beispiele aus der Praxis
- Ein junger Mensch mit Depressionen liest Kommentare wie „Die sollen sich einfach zusammenreißen“ – und beginnt zu glauben, dass seine Erkrankung Schwäche ist
- Eine nicht-binäre Person vermeidet es, sich auf Social Media mit ihren echten Pronomen zu zeigen – aus Angst vor Ablehnung und Verunsicherung
Folgen / Auswirkungen
- Verschlechterung des Selbstwertgefühls und psychischer Rückzug
- Verzögerte oder ganz ausbleibende Hilfe- oder Therapiesuche
- Verstärkung von Diskriminierung durch Passivität („Ich kann ja doch nichts ändern“)
- Langfristige Folgen für Bildung, Beruf oder soziale Teilhabe
Schutz & Empfehlungen
- Reflektiere bewusst: Welche Gedanken stammen von dir – und welche von außen?
- Suche unterstützende Communities – z. B. auf Plattformen wie Queer Lexikon, [1] oder in Selbsthilfegruppen
- Sprich mit Vertrauenspersonen oder Beratungsstellen über dein Erleben
- Widersprich inneren Vorurteilen – mit Fakten, Austausch und positiven Vorbildern
Häufige Irrtümer / Missverständnisse
- „Selbststigmatisierung ist persönliches Versagen“ – falsch: Sie entsteht durch äußeren Druck, nicht durch Schwäche
- „Betroffene müssten einfach selbstbewusster sein“ – falsch: Es braucht Unterstützung, Wissen und Akzeptanz
- „Das merkt man doch nicht“ – falsch: Selbststigmatisierung wirkt oft still, aber tiefgreifend
Weiterführende Links
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Einzelnachweise
- ↑ Antidiskriminierungsstelle des Bundes: Selbststigmatisierung – ein unterschätztes Problem. https://www.antidiskriminierungsstelle.de
- ↑ Deutsche Depressionshilfe: Stigmatisierung und Selbstbild. https://www.deutsche-depressionshilfe.de
- ↑ Mimikama: Wenn Falschmeldungen zu Selbstzweifeln führen. https://www.mimikama.org