Identitätsbildung
Identitätsbildung
Psychologische Grundlage für Meinung, Zugehörigkeit und Manipulation im Netz
Was ist Identitätsbildung?
Identitätsbildung beschreibt den Prozess, durch den ein Mensch sein Selbstbild, seine Werte und Zugehörigkeiten entwickelt. Dieser Prozess ist besonders in Jugend- und Umbruchphasen intensiv und wird zunehmend von digitalen Medien beeinflusst. Plattformen wie Instagram, TikTok oder YouTube bieten Räume zur Selbstdarstellung, aber auch zur Orientierung an Vorbildern, Trends oder Gruppennormen. Dabei können positive Entwicklungen wie Selbstverwirklichung entstehen, aber auch Risiken wie Identitätsverwirrung, Gruppenzwang oder Anfälligkeit für Fake News und Desinformation. Desinformation und manipulatives Framing greifen gezielt in diesen sensiblen Prozess ein, etwa durch Idealisierung, Feindbilder oder Vereinfachungen.
Merkmale / Typische Formen
- Aufbau eines digitalen Selbstbilds über Social Media
- Orientierung an Influencer:innen oder Community-Normen
- Abgrenzung durch Weltanschauungen, Konsum oder Zugehörigkeit
- Übernahme von Meinungen ohne kritische Reflexion
- Suche nach Anerkennung und Bestätigung durch Likes, Follower oder Gruppen
Psychologische Mechanismen
- Der Wunsch nach Zugehörigkeit beeinflusst Meinungsbildung stark.
- Unsicherheit oder Suche nach Sinn machen anfällig für vereinfachte Erklärungen.
- Sozialer Druck und algorithmische Verstärkung begünstigen Konformität.
Beispiele aus der Praxis
- Jugendliche übernehmen Verschwörungsmythen von Influencer:innen auf TikTok, weil diese mit Selbstsicherheit auftreten und Anerkennung vermitteln.
- Auf Instagram entsteht ein Selbstbild durch kuratierte Fotos, das nicht mit der Realität übereinstimmt und Identitätskonflikte auslöst.
- In Telegram-Kanälen wird eine alternative „Wahrheit“ verbreitet, die für Suchende Identität und Orientierung bietet.
- Über YouTube-Formate werden pseudowissenschaftliche Weltbilder vermittelt, die als Teil einer „Wissens-Community“ Identität stiften.
- WhatsApp-Gruppen fördern durch Wiederholung bestimmter Narrative ein geschlossenes Weltbild, das Identitätsbildung beeinflusst.
Folgen / Auswirkungen
- Verzerrte Selbstwahrnehmung und gesteigerter Druck zur Selbstinszenierung
- Radikalisierung durch Identifikation mit extremen Gruppen oder Ideologien
- Erhöhte Anfälligkeit für Fake News und Desinformation
- Soziale Isolation durch Überidentifikation mit Online-Welten
- Vertrauensverlust in seriöse Informationen und Institutionen
Schutz & Empfehlungen
- Kritische Reflexion über Selbstbild und Vorbilder fördern
- Medienkompetenz stärken, besonders bei jungen Menschen
- Inhalte regelmäßig mit Faktenchecks z. B. von Mimikama oder anderen Faktencheckern prüfen
- Offline-Kontakte und Selbstwahrnehmung bewusst pflegen
- Unterschiedliche Perspektiven bewusst einnehmen und reflektieren
Häufige Irrtümer / Missverständnisse
- „Was ich online darstelle, bin ich wirklich.“ – Online-Identitäten sind oft inszeniert und unvollständig.
- „Nur bestimmte Gruppen verstehen mich wirklich.“ – Diese Überzeugung kann zur Isolation und Radikalisierung führen.